Reisen in Frühgeschichte, Antike und Mittelalter

Gereist ist der Mensch schon immer. Das, was sich im Laufe der Zeit verändert hat, war einerseits die Art der Fortbewegung und andererseits der Anlass. Beweggründe wandelten sich, Motive kehrten zurück. Ein Blick in die Vergangenheit verrät Genaueres.

Frühgeschichte: Unterwegs auf dem Wasser

DIE ÄGYPTER – AUF DEM NIL DURCH DAS LAND

Auch wenn im alten Ägypten Tiere und Wagen zum Einsatz kamen, zeichnete sich diese antike Zivilisation durch ein anderes Mittel der Fortbewegung aus. Die besondere Geografie des Landes machte Straßen nämlich beinahe überflüssig – der schnellste Weg war der Nil. Alle wichtigen Städte lagen an seinen Flussufern, sodass die Ägypter mit ihren typischen sichelförmigen Booten Mensch und Ware auf effizientestem Wege durch das Land fahren konnten. Auch für Handel mit anderen Völkern oder kriegerische Eroberungen wurden Boote genutzt – dann wählte man aber die offene See.

DIE PHÖNIZIER – TALENTIERTE SEEFAHRER UND HÄNDLER

Später machte sich ein anderes Volk den Wasserweg zunutze. Die Phönizier waren ursprünglich ein aus dem Sinai stammendes Nomadenvolk und hatten sich dann im östlichen Mittelmeerraum in Form mehrerer Stadtstaaten niedergelassen. Von dort aus betrieben sie mit ihren kleinen und wendigen Booten Handel und erwarben so Wohlstand. Obwohl sie keinen einheitlichen Staat bildeten, entwickelten sie sich zur bedeutendsten Handelsmacht ihrer Zeit.

Antike: Straßen und erstes touristisches Reisen

DIE GRIECHEN – ENTDECKER DER FREUDE AM REISEN

Die antiken Griechen waren ein reisefreudiges Volk: Neben Handel, kriegerischen Eroberungen und religiös motiviertem Pilgern wurde bei ihnen auch aus kulturellem Interesse gereist. So besichtigte man beispielsweise sehenswerte Orte und Monumente oder nahm an öffentlichen Veranstaltungen teil. Ein wichtiges wiederkehrendes Ereignis von kultureller und politischer Bedeutung waren die Olympischen Spiele, zu denen man alle vier Jahre aus dem ganzen Land anreiste.

Auf dem Landweg tat man dies auf Pferden, Eseln, Ochsenkarren oder zu Fuß. Ein Straßennetz existierte nämlich, allerdings war dies von geringer Qualität und bestand aus ungepflasterten Pfaden. Das machte diese Form des Reisens mühselig und wenn die Möglichkeit bestand, waren Schiffe stets das Fortbewegungsmittel der Wahl.

DIE RÖMER – STRATEGISCHE STRASSENBAUER

Dagegen ist das Römische Reich bis heute bekannt für sein systematisch angelegtes, hochwertiges Straßennetz – das erste seiner Art. Um eine rasche Verlegung von Legionen sicherzustellen, wurde eine spezielle Infrastruktur entwickelt, von der nebenbei auch Händler und Pilger profitierten: Die Straßen waren gut befestigt und stets in gepflegtem Zustand; Meilensteine sorgten für Orientierung und gaben Auskunft über Entfernungen. Zudem waren an Fernstraßen in regelmäßigen Abständen Pensionen und Raststätten zu finden.

 

Wirklich schnell war man jedoch trotzdem nicht. Die hauptsächliche Art der Fortbewegung war nämlich zu Fuß – so schaffte man es, auf der Via Appia zwischen 25 und 35 Kilometer pro Tag zurückzulegen. Nur wenige Privilegierte reisten zu Pferd, mit einem Gespann oder auf Sänften. Allerdings gab es für EiIkuriere Stationen, die speziell für sie mit neuen Pferden zum Auswechseln ausgestattet waren, wodurch sie bis zu 200 Kilometer pro Tag zurücklegen konnten.

TOURISTEN DES ALTERTUMS

Die langsame Geschwindigkeit hielt die antiken Römer jedoch nicht vom Reisen ab. Tatsächlich war die Mittelmeerregion nämlich sehr belebt – und zwar nicht nur als Handelszentrum, sondern auch als „Urlaubsziel“. Das Römische Reich war nämlich groß, bot sichere Routen und eine einheitliche Währung und Sprache, was die perfekten Voraussetzungen für das Reisen um des Vergnügens Willen darstellte. So besaßen zum Beispiel viele Wohlhabende Luxusvillen am Mittelmeer, die sie regelmäßig besuchten. Wer dort keine eigene Villa besaß, kam in den Gästeflügeln von Bekannten oder in “Hotels” unter. So entwickelten die einzelnen maritimen Badeorte jeweils ihren eigenen Ruf und Charakter: Baiae war beispielsweise für Feiern und „Partytourismus“ bekannt, während Neapel wiederum ein beliebtes Ziel für intellektuell interessierte Touristen war.

Römische Touristen wurden aber nicht nur von nahen Urlaubszielen angezogen. Ferner gelegene beliebte Destinationen waren Griechenland, Kleinasien und Ägypten. Dorthin wählte man für gewöhnlich den Seeweg, dieser war nämlich schnell und sicher. Allerdings existierten damals keine Tourismusschiffe; deshalb reisten Touristen auf Handelsschiffen mit und übernachteten unter freiem Himmel. Am Reiseziel angekommen besuchte man gerne Orte von historischer oder mythologischer Bedeutung. Denn beides wurde gleichermaßen für wahr gehalten – ob es nun Stätten waren, an denen Alexander der Große bedeutende Schlachten ausgetragen hatte, oder aber das Grab des Achilles.

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Mittelalter: Handel, Wallfahrt und Entdeckungen

DIE WIKINGER – BRILLANTE BARBAREN

Im Frühmittelalter bedeutete für Wikinger das Reisen die Aussicht auf bessere Lebensverhältnisse. Die aus Skandinavien stammenden Völker hatten nämlich in der Heimat mit rauen Lebensbedingungen zu kämpfen und begaben sich deshalb auf Beutezüge. Mit ihrer Seefahrtkunst und ihren schnellen, wendigen Langbooten waren sie den meisten deutlich überlegen und wurden daher in Mitteleuropa schnell zu gefürchteten Plünderern und „Barbaren“. Dies war jedoch nicht ihre einzige Aktivität: Gleichzeitig betrieben sie erfolgreich Handel mit Gütern, Waffen und Sklaven, welche sie auf ihren Raubzügen gefangen genommen hatten, und belieferten Inseln und Küstengebiete in Europa und im Orient.

MÜHEN UND RISIKEN

Allgemein wurde jedoch wenig gereist. Im frühen Mittelalter lag das daran, dass die meisten in ärmlichen Siedlungen lebten und den ganzen Tag über arbeiten mussten, um sich zu versorgen und ihr Überleben zu sichern. Es blieb also schlichtweg keine Zeit. Aber auch später waren Reisen selten, da sie mit großem Aufwand und Risiken verbunden waren.  

Einerseits existierten nur sehr wenige Straßen, die zudem in einem sehr schlechten Zustand waren. Große Teile des Landes waren unberührt, was das Reisen sehr mühselig und langsam machte, denn man musste sich durch Wälder und dichtes Gebüsch kämpfen. Außerdem existierten kaum Brücken, wodurch Flüsse nur an seichten Stellen überkreuzt werden konnten. Wenn solche nicht zu finden waren, wurden Flüsse schonmal zum unüberwindbaren Hindernis. 

Auf der anderen Seite barg das Reisen viele Gefahren. Wenn es nicht wilde Tiere waren, die einen in den Wäldern angreifen konnten, waren es Wegelagerer, die einem auflauerten. Zudem existierten nur wenige Landkarten und Siedlungen waren rar, was es sehr gefährlich machte, sich zu verirren. Daher war das Wissen um „Weg und Steg“, also das Wissen darüber, wo man passieren konnte und wo es Herbergen gab, besonders unter Kaufleuten sehr wertvoll. Denn die Gastfreundschaft gegenüber Fremden war damals viel größer als heute und wenn man erstmal auf eine Siedlung gestoßen war, waren einem, auch wenn es dort keine Gaststätten geben sollte, trotzdem ein Platz zum Schlafen und eine warme Mahlzeit sicher. 

GELD UND RELIGION

Im Mittelalter gab es zwei primäre Gründe zum Reisen. Handel war einer davon, Wallfahrt der andere. So entwickelte sich zum Beispiel die Grabstätte des heiligen Jakobus zum beliebten Wallfahrtsziel, das jährlich eine halbe Million Pilger anzog – bis heute ist der nach Santiago de Compostela führende Jakobsweg einer der beliebtesten Pilgerrouten. Frei von ökonomischen Interessen war damals allerdings auch die Wallfahrt nicht: Entlang beliebter Pilgerstrecken bildeten sich regelrechte Infrastrukturen mit Herbergen und Händlern, die darauf abzielten, möglichst viel Profit aus dem Geschäft mit Pilgern zu schlagen.

MARCO POLO – UNERMÜDLICHER REISENDER UND ASIENFREUND

Beim Stichwort Reisen kommt einem eine ganz bestimmte Person in den Sinn, die im späten Mittelalter das Reisen geradezu verkörpert hat: Marco Polo. Der Sohn einer venezianischen Handelsfamilie, die bereits viel nach Asien gereist war, brach im Alter von 17 Jahren selbst nach Asien auf und kehrte erst 20 Jahre später zurück. Auf seinen Reisen, die er größtenteils auf dem Rücken von Pferden, Maultieren oder Kamelen bewältigte, besuchte er unter anderem die Seidenstraße, bekam als erster Europäer das Innere von Birma zu sehen und wurde zum Diplomaten und Vertrauten des mongolischen Machthabers Kublai Khan. Seine Eindrücke dokumentierte er akribisch. Und auch wenn mittlerweile der Wahrheitsgehalt seiner Schilderungen umstritten ist, so haben diese ihn bis heute berühmt gemacht.